Der Stroop-Interference-NoGo-Test (STING) – Ein schnelles Screeningverfahren zur globalen Erfassung neuropsychologischer Beeinträchtigungen
Journal article

Der Stroop-Interference-NoGo-Test (STING) – Ein schnelles Screeningverfahren zur globalen Erfassung neuropsychologischer Beeinträchtigungen

  • Fehlmann, Bernhard Universität Basel Philosophisch-Naturwissenschaftliche Fakultät, Division of Cognitive Neuroscience, Basel, Schweiz
  • Jokeit, Hennric Klinik Lengg AG, Institut für Neuropsychologische Diagnostik und Bildgebung, Zürich, Schweiz
  • 2017-6-26
Published in:
  • Aktuelle Neurologie. - Georg Thieme Verlag KG. - 2017, vol. 44, no. 05, p. 312-321
German Zusammenfassung
Hintergrund Mit dem Stroop-Interference-NoGo-Test (STING) legen wir ein Screening-Instrument vor, das der zeitökonomischen und sensitiven Erfassung von kognitiven Beeinträchtigungen dient. Entstanden ist das Vorhaben dieser Testentwicklung vor dem Hintergrund einer weiteren Ökonomisierung von Diagnostik und Therapie in Spitälern und Praxen einerseits und der gestiegenen Bedeutung kognitiver Beeinträchtigungen für die Lebensqualität und die berufliche Integration andererseits. Etablierte kognitive Screeningverfahren wie MoCA, MMSE oder CAMCOG erfordern einen höheren zeitlichen Aufwand oder sind nur eingeschränkt sensitiv bezüglich leicht bis mittelgradiger Beeinträchtigungen in bedeutsamen Domänen.

Methoden Dem STING-Test liegt die Idee eines Omnibus-Tests zugrunde. Er integriert attentionale, lexikalisch-semantische, Speed- und inhibitorische Komponenten. Dabei werden eine individuelle sensomotorische Basiskomponente und eine höhere kognitiv/exekutive Komponente getrennt erhoben und erlauben, eine kognitive von einer unspezifisch generalisierten oder rein sensomotorischen Beeinträchtigung zu differenzieren. Der Test wurde an einer Stichprobe von 907 Probanden, aufgeteilt nach Alter und Bildung, normiert. Seine Diskriminationsleistung wurde untersucht an 64 Patienten (32 M, 32 F) mit vorwiegend leichten bis moderaten neuropsychologischen Auffälligkeiten.

Ergebnisse Die Merkmalskonstanz liegt im Wesentlichen bei r = .82–.95, die Bedingungskonstanz in parallelen Messungen bei r = .82–.91. Die Zeitkonstanz wird in einer Teilstichprobe niedriger (r = .48–.81) geschätzt. Übungseffekte treten im moderaten Rahmen auf (7–12 %). Der STING weist Zusammenhänge mit verwandten Testverfahren auf, wobei er sich von reinen Intelligenztests abgrenzt. Für die Alterskategorie von 12 – 34 Jahren erwies sich die Anzahl korrekt bearbeiteter Items im komplexeren zweiten Testteil als geeignetster Klassifikator in Bezug auf klinische Auffälligkeit, mit einer Sensitivität von 83% und einer Spezifität von 47 %. Zwischen 35 und 64 Jahren wurde die Diskriminationsleistung durch die Kombination mit dem Verhältnis aus den beiden Testteilen verbessert, welches kognitive Kosten des Aufgabenwechsels repräsentiert. Einer Sensitivität von 71 % steht hier eine Spezifität von 70 % gegenüber.

Diskussion Insgesamt erweist sich der STING als Screeningverfahren zur globalen Erfassung kognitiver Beeinträchtigungen als hinreichend sensitiv. Ein auffälliges Ergebnis ersetzt nicht eine neuropsychologische Untersuchung, sondern indiziert diese. Damit geben wir klinisch tätigen Neurologen, Psychologen und Psychiatern ein Werkzeug an die Hand, das es ihnen gestattet, auch leicht- bis mittelgradige transiente oder chronische Funktionseinbußen kognitiver Leistungen zu objektivieren und im zeitlichen Verlauf zu kontrollieren.
Language
  • German
Open access status
closed
Identifiers
Persistent URL
https://sonar.ch/global/documents/249661
Statistics

Document views: 18 File downloads: